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Weltausstellung Dubai – Kurztrip nach Abu Dhabi

Ich hatte die Gelegenheit, vom 20. bis 26. November zusammen mit meinem ehemaligen Geschäftspartner August Keller, heute kpm3, die Weltausstellung in Dubai zu besuchen, so wie einen Abstecher nach Abu Dhabi zu machen. August hat zusammen mit Expo Event eine Weltausstellungs- und Architekturreise organisiert, an der über 20 Personen vorwiegend aus der Expo Branche teilgenommen haben.

Metropolis – gilt als eines der bedeutendsten Werke der Filmgeschichte

Die Stadt Dubai erinnert mich sehr an den Film Metropolis von Fritz Lang aus dem Jahr 1927. Es gibt eine kleine Oberschicht, die in Hochhäuser wohnt. Der Burj Khalifa mit einer Höhe von 828 Meter steht für den «Turm zu Babel». Ebenso gibt es eine Arbeiterschicht, welche oftmals ausgebeutet wird.

Die junge Stadt ist stark auf das Auto ausgerichtet. Eine sechsspurige Autostrasse, parallel zur Küste wird begleitet von einer führerlosen 75 km langen Metro-Hochbahn, die 2009 eröffnet wurde. Fussgänger und Velofahrer sieht man kaum in Dubai.

Mit der Weltausstellung und dem Motto: «Connecting Minds, Creating the Future» will das Emirat eine Plattform für die teilnehmenden Länder bieten, wo Ideen aufgezeigt werden, wie »wir zusammen« leben wollen. Das Wort Nachhaltigkeit steht an jedem zweiten Pavillon, meist ohne genau aufzuzeigen, in welchem Zusammenhang …

Einige Pavillons sehen architektonisch von aussen vielversprechend aus, mit einem sinnigen oder unterhaltenden Inhalt tun sich dann die meisten Länder schwer. Das Äussere passt nicht zum Innern, Instagram-Zeitalter!

Patrick J. Schnieper vor dem Schweizer Pavillon 21. November 2021

Der Schweizer Pavillon ist da eine löbliche Ausnahme. Die erfrischende und unterhaltende Art, wie sich die Schweiz repräsentiert, ist bis auf einen Punkt gut gelungen. Es beginnt vor dem Pavillon, jeder Besucher bekommt einen Sonnenschirm, um sich vor der heissen Sonne Dubais zu schützen. Die Sonnenschirme und der rote Teppich, auf dem die Besucher anstehen, reflektieren sich in der verspiegelten Eingangsfassade. Die Besucher werden so Teil der Pavillon-Fassadenarchitektur. Hat man es von der heissen Sonne in den Pavillon geschafft, wird man von einem im Nebel liegenden Wanderweg empfangen. Ein wohltuender Kontrast zur brennenden Hitze in Dubai. Oben auf dem nebelfreien Gipfel angekommen, wird man mit einer grafisch abstrahierten Bergkulisse belohnt – eine gelungene und zeitgemässe Inszenierung. Der zweite Teil des Pavillons ist inhaltlich dünn. Schindler und andere Sponsor-Partner bekommen einen relativ grossen Platz, an dem sie sich präsentieren können. Eine Werbeshow, die so nicht zum Pavillon passt. Die Confiserie Sprüngli macht den Abschluss, bevor man wieder in der drückenden Sonne von Dubai steht, – mit einem zwiespältigen Gefühl bezüglich Sponsoring.

Die Rooftop Bar des Schweizer Pavillons ist ein beliebter Treffpunkt in der Expo-Szene, wo Raclette, Rösti und Fondue in bester Qualität genossen werden können inklusive einem beeindruckenden Ausblick über das Expogelände.

Nach zwei Tagen Weltausstellung ging es nach Abu Dhabi mit einem Zwischenstopp in der Wüste, wo wir eine Desert Jeep Safari erleben durften. In Abu Dhabi besuchten wir neben der Scheich-Zayid-Moschee, den städtebaulich zukunftsorientierten Stadtteil Masdar City und das architektonische Highlight der ganzen Reise – das Louvre Museum von Jean Nouvel – welches 2017 eröffnet wurde.

Der Besuch von Mastar City, eine Ökostadt für 50’000 Menschen von Norman Foster geplant, war ernüchternd. Ein aufgestelztes Stadtzentrum 8 Meter über dem Boden thronend. Auf Strassen-Level übernehmen führerlose Kabinenfahrzeuge die Feinverteilung der Menschen, welche den Stadtteil Mastar City per U-Bahn oder Auto besuchen. Autos können nicht direkt im Zentrum abgestellt werden. Das Podium-Level ist für Fussgänger und Fahrräder reserviert. Es wirkt alles künstlich und wenig vertraut. Natürlich ist es sehr schwierig, – ein gewagter Versuch – einen Stadtteil bezüglich Mobilität und Nachhaltigkeit neu zu planen und auch umzusetzen. Trotz allem ein wertvoller Beitrag für die Entwicklung zukünftiger neuer Stadtgebiete.

Patrick J. Schnieper im Louvre in Abu Dhabi 24. November 2021 nach dem Mittagessen im Museums Café.

Der «Hauptgrund», warum ich an der Reise teilnahm, war der Besuch des Louvre in Abu Dhabi. Der Dom ist eine architektonische Ikone. 7’500 Tonnen schwer mit einem Durchmesser von 180 Metern. Die Kuppel, welche die darunterliegenden Ausstellungs-Bereiche überspannt, eine Symphonie von Licht und Schatten. Die Dicke der gesamten Dom Schale beträgt 7 Meter. Der Dom ist aussen und innen mit je vier Schichten, also achte Ebenen aus sternförmigen Aluminium-Profilen verkleidet, welche eine Höhe von 7.5 Zentimeter haben. Die Sterne sind unterschiedlich dimensioniert, von 3.5 x 3.5 Meter bis 14 x 14 Meter und zusätzlich verschoben zueinander montiert in einem Abstand von 6.5 – 9.3 Zentimeter. Insgesamt ist die Kuppel auf der Innen- und Aussenseite mit 7’850 Sternen verkleidet, welche gefiltertes Licht in den darunterliegenden Aussenraum bringen und die Ausstellungs-Gebäude, Erschliessungsbereiche und Plätze elegant vor Hitze schützen.

Die Ausstellungsräume im Louvre wirken architektonisch zu unruhig. Beim Durchschreiten der Ausstellungsräume fragt man sich oft, ist die Architektur von Jean Nouvel wichtiger als die 600 Ausstellungsobjekte von der Antike bis zur Gegenwart, die gezeigt werden. Die Hälfte der Kunstobjekte stammt von Partnerinstituten aus Frankreich.

Der Louvre in Abu Dhabi ist eine geniale Zusammenführung zweier architektonischer Themen, welche Jean Nouvel bereits vor dem Louvre Projekt in Abu Dhabi bearbeitet hat: Licht – siehe Institut du Monde Arabe in Paris und Wasser – in Form des KKL in Luzern.

Abu Dhabi ist eine Reise wert!

Tipps:

Berufsbegleitendes Architekturstudium Teil IV

Zwischen meinem Studium, welches ich 1996 als Architekt HTL abgeschlossen habe und dem Bachelor Diplom von Stani (Stanislava Janjic) meiner Mitarbeiterin, liegt ein viertel Jahrhundert. Es hat sich einiges geändert in der Hochschullandschaft der Schweiz. Es gibt mehr Möglichkeiten, Architektur zu studieren, das heisst, dass viele Schulen schauen müssen, wie sie ihre Klassen zusammenbekommen. Was leider daher oft bedeutet – Quantität vor Qualität.

Patrick J. Schnieper: freie Arbeit im Fach Form & Farbe im Jahr 1993

Es herrscht ein Konkurrenzkampf unter den Schulen, man sieht das an den Werbebroschüren aus der ganzen Schweiz, welche immer wieder in meinem Bürobriefkasten zum Thema Architekturstudium landen. So steht zum Beispiel im Studienführer der HSLU Luzern auf der Seite 6 geschrieben: Das Studiengangkonzept unserer Hochschule ist einmalig. Es bietet den Studierenden grösstmögliche Freiheiten bezüglich Modulwahl und Zeitmodell.
Neben dem Hochschulkonkurrenzkampf, welcher vor 25 Jahren noch inexistent war, gibt es speziell in der Digitalisierung im Berufsalltag grosse Veränderungen. Heute wird fast nur noch mit dem Computer gearbeitet. Zu meiner Zeit haben in etwa 50 % der Klasse das Diplom mit einem CAD-Programm gezeichnet. Das CAD hat einen grossen Einfluss auf das Studium. Wenn das CAD im Entwurf geschickt eingesetzt wird, können in relativ kurzer Zeit viele verschiedene Varianten geprüft werden, was beim Entwerfen enorm hilft.

Was ich in meinem Studium sehr geschätzt habe, war der Klassenverband. Wir hatten immer alle zusammen das gleiche Fach. Zuerst die Theorie wie zum Beispiel zu den Sia-Normen (102, 116, 118, 416) oder zur EKG-Kostenberechnung, anschliessend ein Übungsbeispiel und dann einen Test. Heute wird die Theorie einem ganzen Jahrgang vermittelt und danach werden oft Gruppenarbeiten gemacht. Prüfungen werden nicht zwingend durchgeführt, was teilweise zu einem lückenhaften Wissen führt.

Gruppenarbeiten sind im heutigen Unterricht häufig anzutreffen. Auch wir hatten Gruppenarbeiten jedoch nicht in einem so grossen Umfang. Auch höre ich immer wieder, dass zu viele Gruppenarbeiten geschrieben werden müssen. Gruppenarbeiten sind für die Studierenden mit einem koordinativen Aufwand verbunden, der oft unterschätzt wird. Auch besteht die Gefahr bei Gruppenarbeiten, dass sich gewisse Studierende zu wenig tief mit einem Thema beschäftigen. Interdisziplinäre Gruppenarbeiten sind zu begrüssen, jedoch sollte zuerst ein solides Grundwissen vorhanden sein.

Ob in einem Bachelor Studium die Fächer (Modulwahl) à la carte zusammengestellt werden können sollten, bezweifle ich doch sehr. Im heutigen Bachelor Studium an der HSLU können theoretisch 50 Prozent der Fächer frei gewählt werden. So geht viel Grundwissen verloren, was für den Beruf des Architekten zwingend nötig ist, gerade mit dem Hintergrund das ca. 40 Prozent (2018) der Studierenden (Bachelor) keine Hochbauzeichnerlehre absolviert haben. Das Bachelor Studium ist ein Grundlagenstudium, und daher sollten sich alle dasselbe Grundwissen erarbeiten können, denn ein starkes Fundament ist in jedem Beruf unersetzlich.

Zudem müssen in einem Bachelor Studium überschaubare Entwurfsaufgaben bearbeitet werden können und nicht ganze Blockrandbebauungen städtebaulich entworfen werden (HSLU Turin Frühling 2020), ohne sich vorgängig mit den Themen Sockel, Fassade und Dach im städtischen Raum beschäftigt zu haben. Da wurden in meinem Studium noch kleinere Brötchen gebacken – zu Recht. Das Berufsbild des Architekten ist komplex, daraus folgend muss einem Bachelor Studiengang bezüglich Fächer (Module) einfach und klar strukturiert sein – also kein à la carte Studium!

Stanislava Janjic: eine Gruppenarbeit im Fach Konzeption Denkwerk – Lichtperformance unter freiem Himmel (zwei Personen die mit LED Bändern beklebt sind und auf den Ski einen Hang herunterfahren)

Wir beide, Stani und ich, haben uns für das berufsbegleitende Studium entschieden. Zu meiner Zeit waren das Abendtechnikum und das Tagestechnikum getrennt geführte Schulen. Heute haben die berufsbegleitenden Studierenden teilweise mit den Vollzeitstudierenden Unterricht, was gut ankommt. Jedoch ist es für die berufsbegleitenden Studierenden mit dem aktuellen à la carte Stundenplan nicht immer möglich, alle Fächer zu besuchen, welche den Studierenden vom Vollzeitstudium angeboten werden.

Weiter sollte das Vollzeitstudium nur Studierenden offen stehen, welche eine Hochbauzeichnerlehre abgeschlossen haben. Alle anderen sollten zwingend das berufsbegleitende Studium absolvieren müssen, um sich so genügend Praxiswissen aneignen zu können, denn Praxiserfahrung ist ein wesentlicher Bestandteil des Architektenberufes und kann an keiner Schule gelernt werden.

Tipps:

Architekturstudium: 8. Semester

Im Juli habe ich mein Architekturstudium mit der Diplomarbeit an der Hochschule Luzern abgeschlossen. Mit wenigen Monaten Abstand blicke ich zurück auf das intensive Abschlusssemester und lasse es Revue passieren.

In den ersten Semestern verbrachte ich viel Zeit im Atelier an der Schule. Entwerfen, Zeichnen und Modellbauen waren herausfordernd. Wir haben uns mit verschiedenen Themenbereichen auseinandergesetzt – von Badeanlage im vierten Semester bis zum Wohnungsbau im fünften Semester – um eine breite Grundlage für das spätere Berufsleben zu erhalten. Als grosse Schlussaufgabe stand immer die Diplomarbeit im Raum, bei der wir alles zusammenbringen sollten.

Das letzte Semester setzte sich aus einem Kurzentwurf und der eigentlichen Bachelordiplomarbeit zusammen. Der Kurzentwurf dauerte sechs Wochen und sollte eine Auflockerungsübung sein, wobei mit möglichst wenig Vorgaben zuerst aus drei Begriffen ein Szenario entwickelt und dann ein Raum entworfen werden sollte. In meiner Zweiergruppe haben Clau Item und ich aus der Beschäftigung mit den Begriffen «Freiraum», «Eingang» und «Bad» eine Nasszelle im Grünen entstehen lassen. (siehe Projekt)

Während des Kurzentwurfs begannen wir uns langsam, aber sicher auf die intensive Zeit während der Bachelorarbeit vorzubereiten. Da aufgrund der Corona-Einschränkungen unser Atelier an der Schule geschlossen wurde, haben wir uns zu sechst zusammengeschlossen und uns auf die Suche nach einem eigenen Atelier für die Bachelorarbeit gemacht. Wir fanden in der Nähe des Franziskanerplatzes in Luzern ein leer stehendes Ladenlokal, welches wir über drei Monate mieten konnten, so richteten wir uns auf knapp 30 m2 mehr oder weniger häuslich ein.

Wir sechs glücklichen Architekturstudenten vor unserem Atelier Moretti: (von links nach rechts) Clau Item, Gabriela Niederberger, Josianne Gsponer, Ursina Brunner, Denis Demaj und ich

In den folgenden elf Wochen lebten wir fast ausschliesslich dort. Nur zum Schlafen sind wir nach Hause gegangen. Die Gruppendynamik, welche über die lange Zeit entstanden ist, hat es einfacher gemacht, am Ball zu bleiben und immer weiter zu arbeiten. Wir haben uns nach den Kritiken (zwei Entwurfsbesprechungen und eine Zwischenkritik) gegenseitig aufgebaut und die Inputs der Dozenten gemeinsam nachbesprochen. Die Diskussionen untereinander haben mir geholfen, dass ich meine Entwurfsschritte immer wieder selber hinterfragt habe. Für die Bachelorarbeit konnten wir zwischen zwei Entwurfsaufgaben wählen: Ein Schulprovisorium für die Hochschule in Horw oder ein Zentrumsbau im Dorf Schoried im Kanton Obwalden. Fünf Kolleg*innen im Atelier haben wie ich den Zentrumsbau ausgewählt. Die Befürchtung, dass sich unsere Projekte einander angleichen, war unberechtigt. Alle sind ehrgeizig, ihren eigenen Vorstellungen gefolgt. (siehe meine Diplomarbeit)

Nach vielen langen Tagen und Nächten haben wir Anfang Juli nach der Schlusskritik unser Atelier wieder geräumt. Wir sind alle froh, die Aufgabe gemeistert zu haben, aber auch wehmütig, dass diese schöne gemeinsame Zeit zu Ende geht. Auf einen Schlag war alles vorbei und die Blase, in der wir drei Monate gelebt haben, war auf einmal zerplatzt. Alles um uns herum hatten wir vergessen und die Zeit war reif für Erholung.

Zum Abschied vom Atelier kam auch der Abschied von der Hochschule Luzern. Ich ging immer gerne in die Schule. Das Studium hat mich zwar oft Nerven und Schlaf gekostet, aber die Menschen, die ich kennenlernen durfte und der Austausch mit den anderen Studierenden, welche die gleiche Motivation und das gleiche Interesse haben wie ich, werden mir fehlen.

Hinter mir liegen vier Jahre berufsbegleitendes Architekturstudium mit viel Arbeit, Erfahrungen und Eindrücken. Ich bin stolz auf mich, dass ich das Studium gemeistert habe und freue mich auf das, was im Arbeitsalltag kommt und schon ist!

Tipps:

Wien Architektur-Selfie 🙂

Auch dieses Jahr haben wir während unserem Büroausflug nach Wien, siehe Blogpost vom 20. September 2021 «Wienereien», die Tradition des Architektur-Selfies mit grosser Freude weitergeführt.

Leopold Museum, Architekturbüro Ortner & Ortner, 2001 | Wiener Secession, Architekt Joseph Maria Olbrich, 1898
J. & L. Lobmeyr Stammhaus, Hersteller der legendären Serie B von Josef Hoffmann, 1895 | Haus am Michaelerplatz (Looshaus), Architekt Adolf Loos, 1911
Stephansdom, Eröffnung 1511 | Haus Wittgenstein, Architekten Ludwig Wittgenstein und Paul Engelmann, 1928
Hundertwasserhaus, Architekten Friedensreich Hundertwasser und Josef Krawina, 1986 | Gasometer, Architekt Jean Nouvel u.a., 2001
Zacherlhaus, Architekt Josef Plecnik, 1905 | Station Karlsplatz, Architekt Otto Wagner, 1899
Karl-Marx-Hof, Architekt Karl Ehn, 1930 | Wohnpark Alterlaa, Architekt Harry Glück, 1985
Belvedere 21, Architekt Karl Schwanzer und Adolf Krischanitz, 1958 | Wirtschaftsuniversität Wien WU, Architektin Zaha Hadid, 2016
J5A Wohnhochhaus, Architekturbüro Querkraft, 2019 | Siedlung Pilotengasse, Architekturbüro Herzog & de Meuron, 1992

Tipps:

Wienereien

Mit der Planung unserer Architekturreise habe ich im Herbst 2019 gestartet. Ein Jahr später als beabsichtigt fand unser Bürosausflug nach Wien Ende August 2021 endlich statt!

Unser viertägiges Programm startete am Donnerstagmittag im Restaurant Corbaci hinter den barocken Mauern des Museumsquartiers, wo sich einst die kaiserliche Hofstallung befand. Vor 20 Jahren wurde das Museumsquartier umgebaut und erweitert. In den grosszügigen Hof wurden zwei Museumsbauten gesetzt, das MUMOK (Museum für Moderne Kunst) und das Leopold Museum. Mit dem Versuch, die Volumen als Gliederung des Hofraumes zu nutzen, scheint der Aussenraum eher verstellt. Der Inhalt des Leopold Museums, vor allem die umfangreiche Egon Schiele Sammlung, bleibt uns als schönes Erlebnis in Erinnerung.

Architekturneugierige vor der Wiener Staatsoper am Sonntagnachmittag

Als zweites Museumsziel stand die Wiener Secession auf der Liste. Dort konnten wir das Beethovenfries als Raum- und Klangerlebnis erfahren. Der Fries ist zwei Meter hoch und beginnt an der Oberkante des fünf Meter hohen Raumes. Jeder Besucher erhält Kopfhörer, auf denen die neunte Symphonie von Ludwig van Beethoven zu hören ist, ihm ist der Fries gewidmet. Durch die Musik wird es möglich, die restlichen Leute im Raum auszublenden und in das Bild einzutauchen.

Am Abend nach unserem Nachtessen im Gasthaus Pöschl waren wir auf einem Schlummertrunk in der American Bar von Adolf Loos. Der kleine Raum war bereits vollgepackt mit Leuten, doch durch die Raumhöhe und die Spiegel an den Wänden wirkte es nicht bedrückend. Als ich die Möglichkeit hatte, im Loungebereich zu sitzen, konnte ich eine neue Sicht wahrnehmen. Von der Lounge aus wurde die optische Illusion der Spiegel noch wirksamer und vom Gefühl her schien sich der Raum in der Grösse verdoppelt zu haben. Neben der guten Architektur machten wir in der Loosbar auch gute Wiener Bekanntschaften, Eric Leuer, welcher mit seinem ehemaligen Praktikanten und deren Partnerin unterwegs war. Er lud uns und seine Feriengäste in seine Altbauwohnung im Bezirk 1 ein, um uns die klassische Musik bis in die frühen Morgenstunden näher zu bringen.

Am Freitagmorgen hatten wir eine wunderbare Führung in der Domkirche St. Stephan. Der Archivar Franz Zehetner, erklärte uns die wichtigsten Bauetappen und Einflüsse auf den Dombau. Eindrucksvoll war die Besichtigung des Grabs von Kaiser Friedrichs III. Ein Hochgrab, das eine begehbare Balustrade hat, welche wir begehen durften. Erst hier wurde die eindrucksvolle Steinmetzarbeit des Grabdeckels sichtbar – ein Erlebnis, das für den Dombesucher sonst nicht möglich ist und uns bleiben wird.

Am Nachmittag ging es weiter an die nächste Architekturführung mit Herrn Otto Kapfinger, ein Architekt und Autor. Herr Kapfinger ist ein Wittgensteinhaus-Kenner. In seinem Rundgang durch das Haus erklärte er uns die Entstehungsgeschichte, aber vor allem brachte er uns die Logik des Baus näher. Da uns das Haus Wittgenstein so eindrucksvoll geblieben ist, wollen wir dem Haus in näherer Zukunft einen eigenen Blogbeitrag widmen.

Leider hatten wir auch eine Enttäuschung auf dem Programm – die Gasometer. Die ehemaligen Gasbehälter wurden umgenutzt zu einem Einkaufscenter, Wohnungen, Studentenheim und Veranstaltungshalle. Von aussen haben die Gasbehälter ihr charmantes Aussehen überwiegend behalten und das Innenleben wurde neu ausgebaut. Jedoch brachten wir das Innere nicht mit dem äusseren Erscheinungsbild zusammen, die Transformation mochte uns nicht zu überzeugen.

Am Samstagvormittag besuchten wir zwei architektonische Megastrukturen. Der Karl-Marx-Hof ist bis zu siebengeschossig und gilt mit 1050 Meter als längster zusammenhängender Wohnbau der Welt. Seit 1930 ist der kommunale Bau bewohnt. Wir haben ungefähr die Hälfte dieser riesigen «Superblocks» von aussen bei einem Spaziergang begutachtet. Durch kleine Eingriffe an den Balkonen, wie Blumentöpfe, Brüstungserhöhungen und Vorhängen, individualisieren die Bewohner ihr Erscheinungsbild. Heute wirkt der Bau belebt, einladend und scheint gut zu funktionieren.

Anschliessend besuchten wir die Satellitenstadt Alt Erlaa aus den 70er-Jahren. In gewissen Themenbereichen das totale Gegenteil: Der Karl-Marx-Hof schlängelt sich als langer liegender Bau durch die Umgebung. Während der Wohnpark aus sechs Wohntürmen, die zwischen 75 und 85 Meter hoch sind, im Grünen steht. Die ersten 13 Stockwerke der Alt Erlaa Gebäude haben etagenversetzte Terrassen mit grossen Kunststofftrögen als Gartenersatz. Auch besitzt jeder Wohnbau mindestens einen Pool auf dem Dach.

Trotz des Unterschieds der horizontal betonten Bauweise des Karl-Marx-Hofs und Vertikalität des Wohnparks Alt Erlaa, haben beide Wohnanlagen Gemeinsamkeiten: sie bieten ein Angebot für die Gemeinschaft an. Der Karl-Marx-Hof bot es in Form von Infrastrukturen wie Apotheken, Büchereien und Kindergarten an und die Alt Erlaa Überbauungen hat ein Kaufcenter, Schulen und Kindertagesstätten – jeweils das Angebot, welches dem damaligen Zeitgeist entsprach. Ich würde heute an beiden Orten wohnen wollen, denn beide Orte leben!

Vor unserem genüsslichen Nachtessen im Restaurant Mast, konnten wir in der Bar «Das Loft» den Blick über Wien geniessen. Die Beleuchtung der Bar ist auf zwei Anforderungen abgestimmt, eine angenehme Atmosphäre für die Gäste im Inneren als auch die gute Sichtbarkeit der Lichtdeckeninstallation von Pipilotti Rist, so dass diese zu jeder Tages- und Nachtzeit auch von der Strasse aus erkennbar.

Das J5A Wohnhochhaus vom Architekturbüro Querkraft in der Seestadt Aspern

Unseren letzten Tag starteten wir mit einem hervorragenden Frühstück im «Drechsler». Gestärkt besichtigten wir ein Vorzeigeobjekt der BEHF Architects, welches gemeinschaftsförderndes Wohnen anbietet und die Wirtschaftsuniversität von Zaha Hadid. Danach folgte die Seestadt Aspern, ein ehemaliges Flugfeld, das heute ein Stadtentwicklungsprojekt in der Entstehungsphase ist. Das zweithöchste Holzhochhaus der Welt, das HoHo, befindet sich dort. Obwohl das ökologische Konzept überzeugen mag, ist der Bau nicht als Holzhochhaus lesbar und architektonisch fragwürdig. Dafür erfreuten wir uns an danebenliegenden J5A Wohnhochhaus, dessen Balkonarme aus der Trapezblechfassade auskragen. Auf unserem Rückweg in die Wiener Innenstadt besichtigten wir die fast 30 Jahre alte Pilotengasse Siedlung von Herzog & de Meuron.

Der Abschluss unseres Wienbesuchs war das Albertina Museum. Zwei Fotoausstellungen konnten besichtigt werden, die erste zeigte Werke des österreichischen Bildjournalisten Franz Hubmann. Dieser konzentrierte sich auf Künstlerporträts und fotografierte bekannte Gesichter wie Alberto Giacometti. Die zweite Ausstellung nannte sich «American Photography» und präsentierte Fotografien amerikanischer Künstler, welche von 1930 bis 2000 aufgenommen wurden. Es war genau das Richtige, um unsere Reise abzuschliessen.

Ich war das erste Mal in Wien. Von dieser Reise bleibt mir die Vielfalt dieser Stadt: ob Josef Hoffmann, der von der Architektur bis zum Glasdesign entwarf, Hans Hollein, der Eingänge von Schmuckgeschäften in der Wiener Innenstadt gestalten durfte, oder Coop Himmelb(l)au, mit ihrem Dachaufbau an der Falkenstrasse, die Stadt hat ein weitgefächertes Spektrum an verschiedenen Epochen und Stilen. In unseren vier Tagen haben wir nur einen Ausschnitt davon gesehen, es wird sicher nicht mein letzter Besuch in Wien sein!

Tipps:

Berufsbegleitendes Architekturstudium Teil III

In meinem Post geht es um das aktuelle Angebot des berufsbegleitenden Architekturstudiums, welches ich als 23-jährige vor wenigen Wochen abgeschlossen habe. Vor vier Jahren begann ich das Bachelorstudium an der Hochschule Luzern (HSLU) für Technik und Architektur in Horw, wo auch mein Chef Patrick J. Schnieper von 1991 bis 1996 das Abendtechnikum besucht hat.

Ich an der Diplomfeier am 17. Juli 2021

Die Hochschule folgt dem Bologna-System, welches von allen Hochschulen und Universitäten schweizweit angewandt wird. Das bedeutet, dass die Studierenden für jedes abgeschlossene Fach «European Credit Transfer and Accumulation System-Punkte» (ECTS-Punkte) erhalten. Mindestens 180 ECTS-Punkte sind nötig für die Qualifikation des Bachelortitels.

Das Studium ist modular aufgebaut und ermöglicht das teilweise individuelle Zusammenstellen des Stundenplans. Als Orientierung wird von der Hochschule ein Modellstundenplan und Studienführer abgegeben. Es wird vorausgesetzt, dass die vorgegebenen Pflichtfächer besucht und bestanden werden. Ansonsten verliert die oder der Studierende die Zulassung für die Bachelordiplomarbeit. Alle weiteren Fächer sind freiwillig und müssen belegt werden, um genügend ECTS-Punkte zu sammeln.

Obwohl dieses Angebot aus einer Vielzahl von Fächern aussuchen zu können, verlockend klingt, war die Auswahl für mich als berufsbegleitende Studentin eingeschränkt. Ich habe 60% im Architekturbüro gearbeitet, wobei ein Mindestpensum von 40% von der Hochschule vorgeschrieben ist. Jeden Donnerstag und Freitag hatte ich von 8:30 bis 21:00 Uhr Schule sowie einen weiteren Abend pro Woche von 17.30 bis 21:00 Uhr. Dadurch, dass ich nur zwei ganze Tage in der Schule war, war es mir nur möglich die empfohlenen Fächer zu wählen. Ansonsten hätte ich das Studium nicht in vier Jahren abschliessen können, da ich die benötigte Anzahl ECTS-Punkte nicht erreicht hätte. Die teilweise freie Modulwahl für die Berufsbegleitenden ist ein Trugbild.

In den ersten zwei Jahren lag der Schwerpunkt bei den technischen Grundlagen: Tragwerkslehre, Konstruktionslehre und diverse Fächer, welche die Baunormen behandelten. Das Lernen war oft zäh, bis ich die Zusammenhänge vom gelernten Stoff zu begreifen begann. Erst in der zweiten Hälfte des Studiums verschob sich der Fokus auf die gestalterischen Fächer. Themen wie Licht, Farbe und Atmosphäre standen im Mittelpunkt und wir erhielten in den Fächern die Chance, uns durch Medien wie Video, Fotografie und Malen auszudrücken. Im Fach «Räumliche Visionen» durften wir in einer Gruppenarbeit die Skulptur des «Bruder Klaus», welche den Heiligen Niklaus im Wallfahrtsort Flüeli-Ranft im Kanton Obwalden zeigt, fotografisch dokumentieren. Der Heilige ist weit über die Landesgrenze hinaus bekannt und wird jährlich von Tausenden Touristen und Wallfahrern besucht. Unsere Gruppe machte es sich zur Aufgabe, die Momente festzuhalten, welche zeigen, was für Spuren die touristische Nutzung hinterlässt. Im Fokus stand der Raum um die Skulptur (siehe Arbeit). Diese Abweichungen vom Rationalen machten mir in diesen Fächern immer Spass.

An der Hochschule im Frühling 2019. Die erste Präsentation im 4. Semester.

In insgesamt acht Semestern sind vier von sechs Entwürfen Pflicht. Da mich der Entwurf stark interessiert, besuchte ich auch die Freiwilligen. Es war schön, wie ich von Semester zu Semester Fortschritte erkennen konnte und immer neue Aufgabenstellungen mich zwangen, anders zu denken. Durch die vielen Stunden, welche ich in den Entwurf investierte, wurde es zu einem sehr emotionalen Fach. Eine schlechte Kritik nahm ich mir immer sehr zu herzen, dafür war eine gute Kritik die beste Belohnung, die ich mir vorstellen konnte.

In 33 Fächern (siehe mein persönlicher Stundenplan) wurden 2’816 Lektionen zu je 45 Minuten unterrichtet, plus Wochenseminare (320 Lektionen), was Total mehr als 290 Tage verteilt über vier Jahre sind.

Die Wochenseminare habe ich zum Einem für Studienreisen ins Ausland genutzt. Ich war in Paris, Turin und Südindien. Zum anderen musste ich ausserfakultäre Fächer besuchen, damit ich die verlangten ECTS-Punkte zusammen bekam. So musste ich Fächer wie «Gewaltfreie Kommunikation» und «Recycling» belegen. Das waren mühsame Stunden, die zum Ziel haben, den Horizont ausserhalb der eigenen Disziplin zu erweitern … Ungefähr 200 Lektionen habe ich in solchen Fächern verbracht, anstelle das diese Unterrichtszeit ins Cinema 4D, ein Visualisierungsprogramm, investiert wurde.

Die Diplomarbeit findet am Schluss des achten Semesters statt und beansprucht die elf letzten Wochen des Studiums. In dieser Zeit habe ich Vollzeit an meinem Entwurf gearbeitet. Es war die intensivste und strengste Zeit im Studium. Zum ersten Mal im Studium ist der Austausch zwischen dem begleitenden Entwurfsdozenten und dem Studierenden weggefallen. Ich war ganz auf mich allein gestellt. Meine Diplomarbeit habe ich schliesslich mit der Note 5 bestanden, was mir die Bestätigung gab, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

In den vergangenen 17 Jahren war ich: 12 Jahre in der Schule, ein Jahr im Praktikum bei Schnieper Architekten, wo ich die letzten vier Jahre 60% arbeitete und 40% berufsbegleitend studierte. Mit dem Bachelor in Architektur starte ich jetzt in den Vollzeit-Berufsalltag. Ich bin ein wenig wehmütig, dass ich im September nicht mehr nach Horw an die Hochschule gehen werde, jedoch weiss ich, dass die Herausforderungen in der Arbeitswelt mir noch mehr Freude bereiten werden!

Tipps:

Berufsbegleitendes Architekturstudium Teil II

In diesem Post möchte ich auf mein berufsbegleitendes Studium eingehen, welches ich vor 30 Jahren in Angriff nahm. Als 23-jähriger begann ich mit dem Abendtechnikum (ATIS) in Horw bei Luzern. Das bedeutete jeweils 5x mal die Woche Schule – Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag – von 18:30 Uhr bis 22:00 Uhr plus am Samstagmorgen von 7:00 Uhr bis 12:00 Uhr. Also total 22 Lektionen Vorlesungen pro Woche plus eine 80% Anstellung in einem Architekturbüro – das war eine Bedingung für das Studium. An zwei Nachmittagen und am Wochenende hatte ich Zeit, um an meinen Entwürfen zu arbeiten und für Prüfungen zu lernen.

Atis: Lektionentafel und Lehrplan der Abteilung Architektur 1991 – digitalisiert im Juni 2021 Patrick J. Schnieper

Für mich waren die ersten drei Semester eher etwas mühsam mit den Grundlagenfächern Mathematik, Geometrie, Deutsch, Chemie und Physik. Ich war wissenshungrig im Bereich der Gestaltung, welche mit jedem Semester mehr Gewicht im Lehrplan bekam. Die sechs Fächer: Entwerfen (360 Lektionen), Architektur und Gestalten (160 Lektionen), Architekturgeschichte (80 Lektionen), Raumplanung (120 Lektionen), Landschaftsgestaltung (40 Lektionen) und Literatur (80 Lektionen) blieben mir in bester Erinnerung. Natürlich war es auch für mich gut, etwas von der Tragwerkslehre oder der Bauchemie und Bauphysik so wie von Baukosten oder Bauökonomie gehört zu haben. Auch blieben mir die lebhaften Diskussionen im Deutschunterricht bezüglich EWR-Abstimmung von 1992 in bester Erinnerung, wenn auch das Abstimmungsergebnis nicht nach meinem Geschmack war, was sich aktuell zu rächen scheint …

In 37 Fächern, siehe auch Lektionentafel und Lehrplan der Abteilung Architektur von 1991, wurden 3’160 Lektionen zu je 45 Minuten unterrichtet, plus Projektarbeiten (400 Lektionen) und Wochenseminare (200 Lektionen), was Total über 350 Tagen entspricht in 4 1/2 Jahren Studium.

In welchen Bereichen meine wirklichen Stärken und Interessen lagen, merkte ich nach ungefähr 2 Jahren. Der Entwurf hatte mich immer sehr interessiert, obwohl ich mir jedoch am Anfang nicht sicher war, ob ich auch mit den Besten mithalten konnte. Nach drei, vier Semester hatte man sich dann einen gewissen Status in einer Klasse erarbeitet und  wurde sich bewusst, dass die guten Noten in den gestalterischen Fächern kein Zufall waren.

Auch die vier Wochenseminare in Unterschächen Uri zum Thema «Eingriffe», in Jeizinen im Wallis zum Thema «Form und Farbe» und in Laufen Baselland zum Thema «Raumplanung» waren sehr interessant. Die Abschlussreise in das Veneto (Venedig, Padua, Vicenza, Mantua, Sabbioneta) war hinsichtlich Architekturgeschichte ein absolutes Highlight. Die Wochenseminare fanden immer in der ersten Woche der Sommerferien statt. Das hiess, dass wir nur 5 Wochen Sommerferien hatten. Im totalen kamen wir so pro Jahr auf 40 Wochen Schule plus das Wochenseminar im Sommer.

Horw Technikum im Frühsommer 1996 von links nach rechts: August Keller, Patrick J. Schnieper und Beat Stocker. Im Hintergrund meine Diplomarbeit.

Das Studium war sehr intensiv. Ein richtiger »Trip« – es gab nur das Studium und die Arbeit, eventuell im Sommer ein paar Tage Entspannung. Natürlich bekamen wir auch in der Zeit der fünfwöchigen Sommerpause Aufgaben zum Thema Entwurf und/oder Konstruktion. Wenn man etwas gerne macht, ist diese Belastung auszuhalten, speziell in jungen Jahren, wo man voller Energie steckt.

Das Schlussdiplom nach 9 Semestern Studium hat es in sich. Für den Entwurf und die Konstruktionsarbeit hatten wir 3 Wochen Zeit, – was zu einer meiner intensivsten Phasen in meinem Leben zählt – ich träumte von meinem Entwurf … Denn ich war doch einigermassen unter Druck, da ich unbedingt die Note 5 erreichen wollte, was mir schlussendlich auch gelang mit der Note 5.5. Ansporn war immer mein grosses Ziel, nach dem Studium für ein Jahr in New York zu arbeiten, und da brauchte ich in meinem Portfolio im Entwurf und der Konstruktion natürlich mindestens die Note 5.

Für mich gehört die Zeit zwischen 1991 und 1996 zu einer der lehrreichsten in meinem bisherigen Leben. Auch war sie sehr bedeutend für meine persönliche Entwicklung. So ein intensives Studium verbindet auch menschlich, was im Foto oben sehr schön zum Ausdruck kommt!

Tipp:

Berufsbegleitendes Architekturstudium Teil I

Nach meiner Berufslehre als Hochbauzeichner habe ich wie viele andere ebenfalls das 5-jährige berufsbegleitende Architekturstudium mit der etwas sperrigen Bezeichnung Abendtechnikum der Innerschweiz (Atis) in Horw bei Luzern in den Jahren 1991 bis 1996 absolviert.

In meiner 4-teiligen Serie möchte ich zusammen mit meiner Mitarbeiterin Stanislava Janjic auf die Vor- und Nachteile eines berufsbegleitenden Studiums eingehen. Wir vergleichen das heutige berufsbegleitende Bachelor Studium an der HSLU in Luzern / Horw mit meinem Studium vor 30 Jahren. Abschliessend werde ich ein Fazit ziehen und ausgehend von meinem Blickwinkel und meinen Erfahrungen schauen, was gut läuft im berufsbegleitendenArchitekturstudium und wo nachgebessert werden sollte.

Die Idee eines berufsbegleitenden Studiums ist, dass sich die Studierenden praktisch und theoretisch parallel entwickeln können. Ebenso sollte es möglich sein, mit einer abgeschlossenen Berufslehre, den Lebensunterhalt durch die Arbeit in einem Büro zu bestreiten. Das berufsbegleitende Studium ist ein wichtiges und sehr gutes Angebot in unserem Bildungssystem. Die praktischen Erfahrungen sind neben den theoretischen ein wichtiger Bestandteil für das Berufsbild des Architekten. Das Wissen kann nur bedingt in der Theorie gelehrt werden.

Länder wie die Schweiz, Deutschland und Österreich, welche auf ein duales Bildungssystem mit weiterführenden Hochschulen setzen, schneiden in puncto Jugendarbeitslosigkeit weit besser ab als Länder wie Spanien, Frankreich oder die USA, die das duale Bildungssystem kaum kennen und den jungen Menschen nur der Weg über die Matur bleibt. Da werden junge Menschen in Berufen – theoretisch – ausgebildet, die oft zu wenig Nachfrage haben. Die Gefahr einer solchen Fehlentwicklung ist in einem System mit einer Berufslehre viel weniger möglich. Ebenso haben nur wenige die Voraussetzungen, eine wirklich akademische Laufbahn einzuschlagen. Die meisten Menschen sind stark praktisch veranlagt. Siehe auch Brand eins 5/21: Hand über KopfWeniger junge Menschen sollten studieren, fordert der britische Autor David Goodhart. Akademische Jobs seien überbewertet.

Apropos: Obwohl uns ein Altersunterschied von 30 Jahren trennt, sind wir auf den Studentenausweisen gleich alt!

Tipp:

Die Zukunft der urbanen Mobilität: 20 Zoll oder 29 Zoll?

Ich habe seit zwei Jahren ein Tourenfahrrad so wie ein Elektroauto. Zwei Möglichkeiten von Mobilität, mit der ich meine Pendlerstrecke von 10 km in eine Richtung bewältigen kann. Da mein Arbeitsweg einer optimalen Fahrradstreckendistanz entspricht, habe ich mir vorgenommen, dass ich jedes Jahr 50x mit dem Fahrrad zur Arbeit pendle.

Das 29 Zoll Rad ist im urbanen Verkehr im Vorteil – im direkten Vergleich mit den 20 Zoll Räder! GIF-Foto: Roger Kaufmann

Ich kann mich noch gut an meine Studienzeit erinnern, wo wir im Fach Raumplanung über den PW-Verkehr und seine Emissionen gesprochen haben. Das Thema «Saurer Regen» war auch anfangs der 90-er Jahre sehr präsent. Ich war klar der Auffassung, dass das Auto in Zukunft hinsichtlich Umweltbelastung keine Rolle mehr spielen wird, jedoch im urbanen Umfeld verschärft durch Staus und Parkplatzsuche eine räumliche Herausforderung darstellt. Bezüglich Umweltbelastung war ich auf der Zeitachse etwas zu optimistisch, was den technologischen Fortschritt der Batterie betrifft und der bewusst zögerlichen Herangehensweise der deutschen Automobilindustrie im Bereich Elektromobilität, siehe auch Brand eins Nr. 4/21: Besser spät als nie. Seit Anfang dieses Jahrzehnts zeigt sich deutlich, wohin die automobile Zukunft geht. Emissionen, welche von Autos kommen, werden künftig eine immer kleinere Rolle spielen. Themen wie Kreislaufwirtschaft, Solarstrom und Power-to-Gas werden immer präsenter. Ist das Auto also doch nur noch ein raumplanerisches Thema?

Mit meinen jährlich 50 Velofahrten ins Büro – entspricht 1’000 km – reduziere ich meine automobile Pendler-Präsenz um 20 Prozent. Neben dem räumlichen Nutzen, welches mein Verhalten gegenüber der Allgemeinheit mit sich bringt, sind die gesundheitlichen Vorteile nicht von der Hand zu weisen. Der VCÖ mit Sitz in Wien hat ausgerechnet, dass durch regelmässiges Fahrradfahren bis zu 1’300 Euro an Gesundheitskosten pro Person und Jahr eingespart werden kann.

Es reicht heute im urbanen Umfeld nicht mehr mit einem nachhaltigen Auto unterwegs zu sein, ebenso ist der räumliche Aspekt gebührend zu berücksichtigen bei der Wahl der Radgrösse! Man stelle sich vor jeder, dem es beruflich möglich ist, macht 1x die Woche Homeoffice und alle anderen fahren 1x wöchentlich mit dem Fahrrad zur Arbeit. Mit dieser kleinen Anpassung der persönlichen Gewohnheiten kann viel betreffend unnötiger Verkehrsstaus und der dazugehörenden Stresssituationen verändert werden. Wenn jeder bereit ist, seine Gewohnheiten hinsichtlich persönlicher Pendler-Mobilität zu überdenken, könnte künftig bestimmt auf die eine oder andere Umfahrungsstrasse verzichtet werden.

In der aktuell angenehm warmen Jahreszeit entscheide ich mich so oft wie möglich für die 29 Zoll und brause dann vergnügt vom Nordpol herkommend der Reuss entlang Richtung Luzern!

Tipps:

NYC: «SoHo Coffee Office»

Home Office ist seit März 2020 für viele Menschen nicht mehr nur ein Begriff, sondern eine Tatsache. Eine neue Erfahrung zu arbeiten: selbstverantwortlich, oft ohne soziale Kontrolle und «nur» per Videokonferenz in Verbindung zur Aussenwelt! Ich arbeitete seit dem Jahr 2000, jedes Jahr für drei Wochen von New York aus für mein Büro in Kriens. Letztes Jahr war ich erstmals seit 20 Jahren nicht in New York, ein Tapetenwechsel den ich vermisse.

Patrick J. Schnieper im Loft von Alex Kayser am 4. September 2003 – Foto Alex Kayser

Ich habe den Kunstfotografen Alex Kayser 1998 kennengelernt, siehe auch ArchitekturCumulus vom 8. August 2015: A Sweet Home: Alex Kayser 1949 – 2015. Wenn ich im Herbst jeweils für drei Wochen in New York war, für einen Tapetenwechsel, wohnte ich in den Jahren von 2000 bis 2014 in Tribeca am 211 West Broadway bei Alex Kayser. Alex war starker Raucher, was mir das Arbeiten in seinem Künstler-Loft oft etwas schwer machte … am Morgen konnte ich bis ungefähr 11 Uhr ungestört, ohne Rauch, welcher meine Augen rötete, meinen Tätigkeiten nachgehen. Skypen mit dem Büro in Kriens und sonstige Telefonpendenzen erledigen, da Alex viel in der Nacht arbeitete. Für den Nachmittag musste ich mich meinen Augen zuliebe um eine Alternative kümmern. Was lag näher, als eines der vielen SoHo Cafés als (Co-)Working-Space in Beschlag zu nehmen.

In den ersten paar Jahren verbrachte ich meine Arbeitsnachmittage in der Espresso Bar «Space Untitled» in der Greene Street im SoHo. Ein «Place to Be», wo man sich zum Kaffee getroffen hatte. Das Arbeiten mit einem CAD-Programm in einem Kaffee auf einem Mac-PowerBook-Titanium war anfangs der Nullerjahre selbst für New Yorker etwas besonderes. Nach der Schliessung der Espresso Bar im Jahre 2008, arbeitete ich in der Aroma Espresso Bar an der 145 Greene Street (neu an der 100 Church Street) und im Gotan in direkter Nachbarschaft zum Loft von Alex. Ab dem Jahr 2011 zügelte ich mein «SoHo Coffee Office» in den Starbucks at Spring & Crosby Street*. Der Starbucks liegt in direkter Nachbarschaft zum MoMA Design Store und zum Restaurant Balthazar und ist nur ein Steinwurf von Little Italy entfernt. Für mich neben dem Astor Place Starbucks einer der interessantesten Starbucks bezüglich Publikum in Manhattan.

P. J. Schnieper im Starbucks Spring and Crosby Street am 11. Oktober 2013 – Foto Alex Kayser

Der Gästemix im Starbucks Spring and Crosby Street ist bunt: Touristen, welche sich vom Shoppingrausch erholen und ihre Social Media Updates durchführen, Studierende, die lernen, Eltern mit Kindern, die sich eine Pause gönnen, Freiberufler, die als Webdesigner, Blogger, Musikproduzenten und vieles anderes arbeiten. Was auch oft zu beobachten ist, dass jemand zwei, drei Personen trifft, für Vorstellungs-Gespräche … und immer wieder die Polizei, die Drogendealer und Süchtige abführt. Es ist ein Starbucks, der extrem viel Publikum anzieht, nicht nur die Schlange vor den Toiletten ist oft lang, auch das Bestellen vor Ort braucht häufig etwas Geduld. Ich habe sehr grossen Respekt, was die Mitarbeiter in solch einem hochfrequentierten Starbucks leisten – immer freundlich an der Kasse, beim Zubereiten von Getränken oder beim Putzen der Tische und WCs.

Das Nachmittags-Arbeiten im «SoHo Coffee Office» war ein guter Kontrast zum Künstler-Loft-Leben bei Alex oder zur heute eher ruhigen Wohngegend in Harlem Sugar Hill, wo ich jeweils bei Jutta Weiss, einer aussergewöhnlichen Hairstylistin, wohnen darf. Ob entwerfen oder schreiben, für mich war es nie ein Problem bezüglich Konzentration in einem hochfrequentierten Kaffee meinen Arbeiten nachzugehen. Die Stimmen vermischten sich zu einem gesamthaften Geräuschteppich, welcher in Manhattan allgegenwärtig ist. Am Nachmittag ungestört, dank der Zeitverschiebung ohne Telefonunterbrechungen zu zeichnen oder zu schreiben, ist die perfekte Voraussetzung, um in einen produktiven Arbeitsflow zu kommen.

Das «SoHo Coffee Office» ist / »war« eine hochdosierte Portion Inspiration …

* Der Starbucks at Spring & Crosby Street wurde zwischenzeitlich – in der Corona-Zeit – leider umgebaut … Patrick J. Schnieper im Oktober 2022

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