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5 Tage Neapel – viva Maradona e cultura

Unsere diesjährige Büroreise führte uns diesen Frühling als Duo nach Neapel. Da wir beide noch nie in dieser Stadt waren, benötigte es meinerseits viel Recherche, um das Reiseprogramm auf eigene Faust zusammenzustellen.

Patrick vor dem Maradona-Schrein, passend dazu der AFA-Badge als Wallpaper auf seiner Uhr!

Als wir am Sonntagnachmittag in Neapel landeten und am Gepäckband standen, erwartete uns bereits eine erste Überraschung. Von zwei Gepäckstücken kam nur meines an, also widmeten wir uns dem üblichen administrativen Prozedere am Lost Luggage Schalter. Nach der Ankunft im Hotel ging es direkt zum Gran Caffè Ciorfito, wo wir das typische Süssgebäck «Sfogliatelle» und einen italienischen Espresso genossen. Was uns auf unserem kurzen Spaziergang zum Kaffee auffiel, waren die vielen hellblauen und weissen Stoffstreifen. An einer markant blau-weiss bemalten Hausecke beim Piazzetta S. Arcangelo a Baiano, beklebt mit Aufklebern der Spieler des SSC-Napoli, hing ein weisser Schrein mit einem Bild von Maradona. Am späteren Nachmittag auf dem Weg zum Museo Capodimonte, warteten wir mit vielen Einheimischen zusammen mehr als 30 Minuten auf den Bus – die typische italienische Verspätung – und wurden dabei von einer älteren Dame hingewiesen, das Portemonnaie in die vordere Hosentasche zu nehmen.

Als wir oben beim Museum auf über 150 Meter über Meer ankamen, genossen wir den Ausblick über Napoli und konnten uns so einen ersten Überblick über die Stadt verschaffen. Auf dem Rückweg vom Museo Capodimonte Richtung Zentrum liefen wir durch die Salita Capodimonte hinunter und trafen immer wieder, wie in der Via die Christallini, auf die hellblauen und weissen Bänder, welche kreuz und quer baldachinartig den Gassenhimmel zierten, in grosser Vorfreude auf den «Scudetto». Zwischen den Stoffstreifen sahen wir auch, wie es sich in Italien gehört, die frisch gewaschene Wäsche, welche zum Trocknen vor den Fenstern aufgehängt wurde. Es war ein wunderbarer Spaziergang im Licht der untergehenden Sonne, die noch knapp durch die Gassen schien. Im Restaurant La Locanda Gesù Vecchio, wo wir Abendessen wollten, mussten wir feststellen, dass es bereits voll war. Leider ist für dieses Restaurant keine Reservierung möglich …

Vom Bahnhof Napoli Porta Nolana aus starteten wir unseren zweiten Tag und genossen eine 45-minütige Zugreise an der Küste entlang nach Pompeji. Da wir unsere Büroreise Ende März vor der Hochsaison geplant hatten, konnten wir in die Stadt Pompeji «einmarschieren», ohne lange an der Kasse anzustehen. Einer der Höhepunkte für Patrick war definitiv das Amphitheater, wo Pink Floyd 1972 den Musikfilm «Live at Pompeii» produzierten. Auch die unzähligen Tempel und Thermen waren ein Besuch wert, um überhaupt ein Gefühl dafür zu bekommen, wie gross und weit entwickelt die Stadt Pompeji im Jahr 79 n. Chr. beim Ausbruch des Vesuvs war. Zumindest ich hatte mir die antike Stadt kleiner vorgestellt, wenn man bedenkt, dass nur ungefähr zwei Drittel der Stätte freigelegt ist.

Nach etwa zwei Stunden in der antiken Welt war es Zeit für die Mittagspause. In der Nähe vom Bahnhof Pompeji befindet sich das Ristorante La Gare, wo wir ein exzellentes mediterranes Mittagessen genossen und danach mit bester Laune unsere Rückreise nach Neapel antraten. Vor der Führung in der Sotterranea blieb uns noch Zeit für einen obligaten Espresso in der Pasticceria Angelo Carbone mit Tischchen an der warmen Frühlingssonne neben der Basilica di San Paolo Maggiore. Die Sotterranea ist ein rund 80 km langes künstliches Höhlen-Labyrinth, 40 Meter unter dem Boden, welches aus dem bekannten gelben neapolitanischen Tuffstein besteht. Während der etwa 1½-stündigen Führung erfuhren wir viele geschichtliche Informationen zur Stadt Neapel, unter anderem das viele Häuser der Stadt aus dem Tuffstein der Sotterranea sind. Wir sahen unterirdische Zisternen und Brunnen, zwängten uns ohne Licht durch 50 cm schmale Höhlengänge bis zu einem Weinkeller unter einer Kirche. Diese Führung ist ein absolutes Must-Visit bei einer Reise nach Neapel. Für das Abendessen ging es in die Pizzeria Gino Sorbillo, eine Restaurantkette mit Ursprung in Neapel. Reservieren ist auch hier nicht möglich. Man stellt sich in eine Warteschlange vor dem Eingang. Anschliessend wird man auf eine Liste gesetzt und wartet, bis man aufgerufen und an einen Tisch begleitet wird.

Ein Notkauf wird zum Hingucker – Patrick’s Maradona-Socken

Am Dienstag konnte sich Patrick zwar noch nicht rasieren, dafür aber seine neuen Maradona-Socken in den Stairs Coffee Shop ausführen, wo uns ein traditionelles Frühstück erwartete. Mit gefüllten Cornettos im Bauch machten wir uns auf dem Weg zum Stadio Diego Armando Maradona ­– ein bedeutender Ort für diese Stadt in der jüngeren Geschichte. Weiter ging es zum Gebiet der Triennale d’Oltremare 1940, wo wir zwei architektonische Leckerbissen genauer begutachteten, den Cubo d’Oro und das Teatro Mediterraneo. Nach dem Mittagessen spazierten wir an der Riviera am Meer entlang zum Stadtviertel Chiaia und konnten währenddessen die Grösse der Stadt auf uns wirken lassen. Nach einer kurzen Kaffeepause im Caffè Cimmino ging es zum Castel Sant’Elmo. Dies war ein Höhepunkt des Tages. Mit Rundumblick auf das Meer und die Stadt Neapel verbrachten wir gut eine Stunde auf dem Castel. Weiter ging es zum spanischen Quartier, wo sich das Murales Maradona befindet. Es war eindrücklich wie viele Maradona-Fans sich an diesem fast schon heiligen Ort versammelten. Für den kulinarischen Abschluss des Tages war Patrick rasiert – denn sein Reisegepäck war nach zwei Tagen angekommen – und wir gingen «gepflegt» in die Trattoria don Donato essen.

Den zweitletzten Tag begannen wir mit einem Frühstück im Restaurant Birdy The Bakery und haben uns schon fast an die süssen Frühstücksgebäcke gewöhnt. Wir besichtigten unter anderem aus der Zeit des Faschismus als Mussolini Ministerpräsident des Königreichs Italien war, das markant geschwundene Postgebäude Palazzo delle Poste (1936), welches auf uns selbst heute noch sehr modern wirkt und das Finanzamt Uffici Finanziari E Avvocatura Di Stato (1937) mit seiner auffallenden Lochfassade. Die neapolitanischen Architektur-Ikonen der Moderne sind mit ihren repräsentativen Eingängen, den schlichten und klaren Linien nicht zu übersehen. Für das Mittagessen haben wir in der Pizzeria Brandi reserviert. Hier wurde 1889 die erste, den heutigen Vorstellungen entsprechende Pizza hergestellt.

Unser Reisebegleiter, das Buch «Napoli Super Modern»

Am Nachmittag besuchten wir das Hafengebäude Stazione Marittima mit seinen sorgfältig geplanten horizontalen und vertikalen Lisenen-Eckverbindungen. Dieses Gebäude sowie einige andere Bauten der Moderne, die wir besichtigt haben, sind im Buch «Napoli Super Modern» bestens dokumentiert und unter dem Blogbeitrag «Napoli Architektur-Selfie» verlinkt. Beim nächsten Halt der Universität von Neapel konnten wir ohne weiteres in das Gebäude hineinspazieren und besichtigten den Innenhof, welcher voller Studenten war, die in der Frühlingssonne auf der Treppe sassen, zusammen plauderten und ihre Pause genossen. Der letzte Architektur-Stopp des Tages führte uns zum Centro Direzionale. Ein Stadtviertel neben dem Hauptbahnhof, welches 1995 fertiggestellt wurde, charakterisiert durch technoide Hochhäuser und einer orthogonal angeordneten Parkanlage mit Plätzen und Gehwegen. Die durch die Jahre heruntergekommenen sterilen Fassaden und die vernachlässigte, leblos gestaltete Parkanlage laden nicht sonderlich zum Verweilen ein. Dementsprechend wenig Menschen sind anzutreffen, das Stadtviertel wirkt kahl und verlassen. Eine trotz der Mitwirkung grosser Namen wie Kenzō Tange und Renzo Piano am Masterplan nicht überzeugende Stadtutopie. Nichtsdestotrotz liessen wir unsere gute Laune nicht davon beeinflussen und freuten uns auf das letzte Abendessen im Restaurant La Scialuppa. Bei unserer Ankunft im Lokal stellten wir begeistert fest, dass auch Diego Maradona in diesem Restaurant gespeist hatte.

Ausblick vom Castel Sant’Elmo: Stazione Marittima (links) und Stadtviertel Pallonetto (Mitte)

Für den Donnerstagmorgen war das archäologische Nationalmuseum (MANN) eingeplant. Es ist in Kombination mit den Ausgrabungen in Pompeji ein wichtiger Mosaikstein für Kulturinteressierte. Das Museum ist sehr empfehlenswert! Es sind originale Fresken, unzählige weitere kostbare Objekte sowie ein historisches Stadtmodell ausgestellt. Der Besuch des archäologischen Museums war ein würdiger Abschluss der Reise, bevor wir uns mit vielen neuen Eindrücken von einer aussergewöhnlichen Stadt – bezüglich ihrer reichen Kultur, den lebensfrohen und herzlichen Menschen und der Begeisterung für Maradona – auf den Rückweg in die Schweiz machten.

Die Reise traten wir mit einem zwiespältigen Gefühl an, denn es gab nur positive oder negative Meinungen zur Stadt Neapel. Wir beide gehören klar zu den Napoli-Fans!

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