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Gründe für die nachlassende Planqualität in Architekturbüros: die Ausbildung – Teil I

Im letzten Monat hatte ich diverse Gespräche zur mangelhaften Planungsqualität, die viele Architekturbüros abliefern. Ich sprach mit dem Chef eines Baumanagement-Büros, einem Geschäftsleitungsmitglied eines grösseren Generalunternehmers sowie einem CEO eines CAD-Distributors. Die drei Gespräche fanden spontan und unabhängig voneinander statt. Alle drei klagten, dass die Planungsqualität teilweise entscheidend abgenommen habe.

Auch mir fällt das schon länger auf. Ich möchte in meiner dreiteiligen Serie «Gründe für die nachlassende Planqualität in Architekturbüros» in diesem Post auf die Ausbildung von ZeichnerInnen und ArchitektInnen eingehen.

Die Basis für eine solide Planung sollte in den allermeisten Fällen mit einer Lehre als ZeichnerInnen EFZ Fachrichtung Architektur beginnen, auch bekannt unter dem Namen HochbauzeichnerInnen. Leider wollen heute zu viele Jugendliche studieren. Das heisst, dass sie sich direkt nach der gymnasialen Matura oder Mittelschule¹ an einer Universität oder Hochschule einschreiben.

Es ist heute möglich, mit einem Jahr Praktikum in einem Architekturbüro mit dem Bachelor an einer Hochschule zu beginnen und nach drei Jahren mit einem Bachelor of Arts in Architektur abzuschliessen. Anschliessend kann direkt der Master gemacht werden, der nochmals zwei Jahre dauert, um dann im Alter von 25 Jahren einen Masterabschluss in Architektur in der Tasche zu haben – ohne wirkliche Berufserfahrung, und das an einer Hochschule, die für anwendungsorientierte Praxisnähe stehen soll …

Das Problem ist in unserem Schulsystem zu suchen. Heute ist jemand «dumm», wenn er nach der obligatorischen Schulzeit mit 14 Wochen Ferien nicht mindestens eine Mittelschule mit anschliessendem Passerellenlehrgang besucht, um nachher direkten Zugang zu einer universitären Architektur-Ausbildung zu haben, oft ohne akademische Fähigkeiten mitzubringen. Der klassische akademische Weg im Bereich Architektur führt in der Schweiz über die ETH Zürich, EPFL Lausanne oder der Academy of Architecture in Mendrisio. Diese drei Universitäten sollten jenen offen stehen, welche überdurchschnittliche intellektuelle Fähigkeiten mitbringen, sprich eine Matura haben und zum ersten Drittel in einer heutigen Gymnasiums-Klasse gehören.

Der zweite Weg über die Hochschule im Architekturbereich sollte jungen Fachkräften offen stehen, die eine Lehre als ZeichnerInnen EFZ Fachrichtung Architektur absolviert haben. Wenn jemand nach der Matura ohne Berufslehre den Weg der Architekturausbildung über eine Hochschule wählt, müsste neben dem bereits heute einjährigen Parktikum-Obligatorium zwingend das berufsbegleitende Studium verlangt werden, um sich den praktischen Teil des Berufes anzueignen. Für Quereinsteiger mit Berufsmatura müsste die Regel des berufsbegleitenden Bachelor-Studiums ebenfalls gelten. Bachelor-Studenten mit einer Lehre im Bereich EFZ Fachrichtung Architektur und einer Berufsmatura sollten wählen können zwischen Vollzeitstudium, sechs Semestern und berufsbegleitend oder acht Semestern. An der Hochschule Luzern (HSLU), Abteilung Architektur, waren im Frühlingssemester 2018² von 94 Studierenden 62% mit einer Hochbauzeichnerlehre eingeschrieben. Die restlichen 38% der Studierenden waren QuereinsteigerInnen. Bei den Vollzeitstudierenden hatten 55% eine Hochbauzeichnerlehre absolviert, bei den berufsbegleitenden Studierenden waren es 77%. Wir bilden zusammen mit den Universitätsabgängern heute schätzungsweise ca. 50% ArchitektInnen aus, ohne oder mit nur unzureichender Berufserfahrung. Ein gefährlicher Weg!

Wir sollten der Berufslehre wieder mehr Beachtung schenken und nicht möglichst viele junge Menschen mit einer durchschnittlichen Matura direkt nach der Schule an die Universitäten und Hochschulen schicken, mit der Idee, dass wir so in «taugliche» Bildung investieren. Ich bin der Meinung, dass maximal 10% unserer Schüler nach der Grundschule an ein Gymnasium gehen sollten, um dann nach der Matura einen klassischen akademischen, universitären Bildungsweg einzuschlagen. Die Gefahr einer Nivellierung nach unten an Universitäten ist bereits heute erkennbar. Für die anderen 90% ist eine Berufslehre der sinnvollere Weg. Wir haben in der Schweiz die Möglichkeit, nach der Lehre an einer «Fach»-Hochschule zu studieren, um in einem ersten Schritt die Bachelorreife zu erlangen, welche eine Mischung zwischen praktischem Wissen und Theorie sein sollte. In einem zweiten Schritt können ArchitektInnen, die ein Flair für Theorie und wissenschaftliche Konzepte haben, den Master absolvieren. So hätten wir die Garantie, dass wir in den Architekturbüros genügend Fachkräfte haben, die über das nötige Rüstzeug verfügen, um eine vernünftige Planungsqualität zu gewährleisten.

¹ Abgänger einer Mittelschule (3. Jahre) oder Berufsmatura (1. Jahr), welche an einer Universität studieren wollen, müssen den Passerellenlehrgang (1. Jahr) besuchen.
² HSLU Frühlingssemester 2018, Fach «Realisierung»

Tipps:

1 Antwort zu «Gründe für die nachlassende Planqualität in Architekturbüros: die Ausbildung – Teil I»

  1. Ich mag diesen Beitrag. Diese Dynamik betrifft viele Berufsgattungen, nicht nur Architektur. Unter anderem der zur massiven Disruption exponierte Finanzsektor ist von zu vielen mittelmässigen Theoretikern getrieben seit etwa zwei Dekaden. Das Resultat davon sehen wir in schlechter Dienstleistung und Orientierungslosigkeit in Zeiten, in denen der Markt etwas anderes will.

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