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Produktdesign-Wahnsinn versus neue intelligente Designmöglichkeiten

Heute ist das Eröffnungsspiel der Fussball – Europameisterschaften im Stade de France in Paris. Alle Teilnehmer werden für diese Meisterschaften mit neu gestalteten Trikots auflaufen. Es ist kein Geheimnis – mein Lieblings-Trikot ist dasjenige von Argentinien. Siehe auch Post vom 22. Juni 2010 – Göttliche Teilung …

Am Beispiel vom Argentina-Shirt möchte ich den aktuellen Produktdesign-Wahnsinn reflektieren, in einem Bereich, wo die «zwanghafte» Neugestaltung für den Verkauf eine wichtige Rolle spielt. Die europäischen Top-Club-Fussballmannschaften laufen jede Saison in neu gestalteten Trikots auf, meist in dreifacher Ausführung: Trikot Home, Trikot Away, Trikot Champions League. Neu ist jetzt auch, dass die Top-Fussball-Nationalmannschaften jedes Jahr in einem neuen Trikot zu den Spielen antreten. Vergleiche auf der rechten Seite das Argentina-Home-Shirt von oben nach unten: WM-Trikot 2014, Copa America-Trikot 2015, und das Copa America Jubiläumsturnier – Trikot 2016 das Turnier findet gerade in der USA statt.

Bei einem Trikot wie jenes der Albiceleste mit einem so klaren geometrischen Grundkonzept – drei hellblaue und zwei weisse vertikale Streifen – sind gestalterische Experimente im Jahrestakt wie das Ändern der Farbe, der drei Adidas-Streifen auf den Schultern, Schwarz (2014), Weiss (2015) oder aktuell ganz neu in Weiss unter den Armen (bis jetzt nur von den ärmellosen Volleyball-Shirts bekannt, wo es auch Sinn macht) unnötig. Ein weiteres unglückliches Beispiel sind die optischen Spielereien mit dem schönen Verbands-Emblem AFA.

Bis vor wenigen Jahren wurden neue Produkte nur dann lanciert, wenn eine klare Verbesserung zu diesem Schritt Anlass gab. Gutes Design und wirkliche Innovationen brauchen Zeit. Heute präsentieren Sportartikelfirmen wie Adidas, Nike, Puma und andere beinahe im Monats-Rhythmus «neue» Fussballschuhe …

Das gleiche gilt auch für andere Consumer-Produkte mit Must-have-Appeal wie Autos, Skis, Mobiles und vieles mehr. Der Produktionszyklus hat ein Tempo angenommen, das nicht mehr «gesund» ist. Für die Lancierung in diesem hohen Takt bedeutet das unnötiger Stress für alle Beteiligten: Marketing, Design, Produktion, Logistik und Händler. Alle stehen unter enormen Zeitdruck. Kaum ist etwas Neues im Laden, ist es schon wieder im Ausverkauf.

Wir stehen in vielen Produkte-Kategorien vor einer totalen Neuausrichtung des Designs, der Produktion und Verkaufsmethoden. In Zukunft werden die Konsumenten einen Grossteil der Gestaltung – inhaltlich und äusserlich – übernehmen. Dem personalisierten Produkt wird in vielen Produkte-Kategorien die Zukunft gehören. Mein Laufschuh von Adidas werde ich über das Internet bestellen, die 3D-Sohle wird genau auf mein Gewicht und meine Fussstellung abgestimmt und das Design des Schuhs kann ich selber aus Hunderten von Möglichkeiten bestimmen, was teilweise heute schon möglich ist. Sobald ich meine Bestellung bezahlt habe, kann ich dem 3D-Drucker bequem von meinem Computer aus – in Echtzeit – zuschauen, wie die Sohle meines neuen Laufschuhs produziert wird und der Roboter ohne menschliches Zutun meinen Schuh zusammenstellt. Die Schuhe bekomme ich tags darauf nach Hause geliefert, wie wir uns das schon von Zalando gewohnt sind.

Die ganze Kette von der Produktion über den Verkauf bis hin zur Logistik wird mit sehr wenig Manpower auskommen und dem Kunden ein hoch individuelles Produkt in einem Tempo zur Verfügung stellen, wie wir es noch nicht kennen. Die Herstellung von Gütern wird dort sein, wo die Kunden sind. Was für Laufschuhe möglich ist, wird auch für andere Produkt-Kategorien wie z.B. Haar-Shampoo möglich sein. Ich lasse von meinen Haaren eine Haaranalyse machen und bestelle bei meiner bevorzugten Schampoo-Marke mein individualisiertes Shampoo – alles auf Knopfdruck! Der Hype nach dem neusten Modell wird in vielen Bereichen verschwinden. Der Focus wird vermehrt auf Qualität ausgerichtet sein, der stark personalisiert sein wird, da unsere persönlichen Körperdaten immer einfacher und detaillierter erfasst werden können. Ein weiterer Pluspunkt in der personalisierten Produkt- Kategorie wird sein, dass nur noch hergestellt wird, was auch verkauft wird.

In Zukunft wird es hoffentlich nicht mehr nötig sein, das Trikot einer Fussball-Nationalmannschaft, das für Tradition und Identifikation steht und kein individualisiertes Produkt ist, im Jahrestakt zu erneuern. Die Firmen werden merken: Wenn sich das Karussell zu schnell dreht, wird es vielen Kunden übel, was schlecht für das Geschäft ist …

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